Norden. Starke Schmerzen haben bei Anna Müller (Name geändert) für eine unruhige Nacht gesorgt. Individuelle Massage- und Wärmesitzungen am Morgen haben ihr aber bereits Linderung verschafft. Jetzt geht die Patientin der Ubbo-Emmius-Klinik mit Zuversicht in die Physiotherapie. „Die Bewegung stärkt mich“, erklärt die 55-Jährige, „und dadurch rücken die Schmerzen in den Hintergrund“. Müller leidet bereits seit Jahren unter Schmerzen in ihrem gesamten Körper, für die es keine medizinische Ursache zu geben scheint. „Ich habe meinen Körper sehr stark ausgebeutet. Ich habe mir viel zugemutet und irgendwann ging es dann nicht mehr.“ Nach einem langen Leidensweg entschied sie sich für die multimodale Schmerztherapie an der Ubbo-Emmius-Klinik in Norden. Auf der Station werden chronische und dauernd wiederkehrende Schmerzen mit einem fachübergreifenden und ganzheitlichen Konzept behandelt. Ein Schmerztherapeut arbeitet gemeinsam mit einer speziell ausgebildeten Pflegefachkraft, mit Physio-, Ergo- und Psychotherapeuten zusammen, um eine optimale Behandlung zu gewährleisten. „Der Fokus wird auf Aktivität gelegt“, erklärt Schmerztherapeutin Ute Duncan. „Die Patienten erlernen Maßnahmen, die sie selber ergreifen können, um ihre Schmerzen zu lindern. Sie müssen aber auch lernen, verbleibende Schmerzen zu akzeptieren und diesen bewusst zu begegnen.“
Aktiv gegen den Schmerz
Die zwölftägige stationäre Therapie besteht aus verschiedenen Bausteinen. In der Physio- und Trainingseinheit werden die Patienten nach ihren Möglichkeiten zu Bewegungen angeleitet, um ihre Muskeln zu stärken. Viele Schmerzen resultieren aus zu langer Schonung des Körpers: Die Schmerzen halten von aktiver Bewegung ab, der Mensch verfällt in eine Schonhaltung, die aber nur weiteren Schmerzen Vorschub leistet. Patientin Müller beschreibt dies als einen „Teufelskreis der Schmerzen“: „Ich schone mich automatisch, weil ich mich wegen der Schmerzen nicht bewe¬gen kann – und es wird nur schlimmer. Jetzt wird das endlich durchbrochen.“
So können sich die Patienten in der Ergo- und Arbeitstherapie sowie der Kunsttherapie kreativ von den Schmerzen ablenken und an deren Stelle schöne Erfahrungen setzen. „Die Ergotherapie ist ein sehr positives Erlebnis für uns alle, weil wir für uns etwas erschaffen können“, erklärt Müller, „und das ist uns allen schon mehrere Male gelungen.“ Sie deutet dabei auf ihre selbstgebastelte Lampe in ihrer Lieblingsfarbe Grün. Eine Erinnerung, die sie stolz mit nach Hause nehmen wird.
Entspannung ist ein wichtiger Faktor, um Schmerzleiden zu lindern. Die Patienten erlernen entsprechende Techniken, damit sie später nicht erneut in negative Stressmuster verfallen. Eine schlechte Stimmung verstärkt die Schmerzwahrnehmung. Deshalb ist auch der Abbau von Angst wichtig. Im Rahmen von Einzel-, Partner- und Gruppengesprächen in der Psychotherapie wird den Patienten vermittelt, wie sie in ihrer individuellen Situation erkennen können, wodurch Schmerzen entstehen und wie sie diese positiv beeinflussen können. Für Müller ein „rundum gelungenes Paket.“
Voraussetzungen für eine Schmerztherapie
Um die Notwendigkeit einer vollstationären Behandlung festzustellen, wird eine Eingangsuntersuchung, ein sogenanntes Assessment, durchgeführt. So ist zum Beispiel in der Physiotherapie und beim Nordic Walking eine gewisse körperliche Belastbarkeit erforderlich. Auch die Bereitschaft zu Gruppen- und Einzeltherapiegesprächen ist unumgänglich. Außerdem müssen zuvor andere Behandlungsoptionen (etwa eine Operation) keinen Erfolg gezeigt haben.
„Schon das Aufnahmegespräch war sehr angenehm für mich. Es waren Menschen, die mir verständnisvoll begegneten und die sich gut um mich gekümmert haben“, berichtet Müller von ihren Erfahrungen. Sie ist begeistert von dem fürsorglichen und freundschaftlichen Miteinander auf der Station. Das ist auch den Mitarbeitern sehr wichtig: „Der Patient wird von Anfang an in die Behandlung und in die Entscheidungen des Teams einbezogen“, erklärt Stationsleiter Nils Matzeit. Im behandelnden Therapeutenteam findet ein ständiger Austausch statt, sodass Fortschritte oder auch Schwierigkeiten in der Therapie schnell identifiziert und Verfahren individuell angepasst werden können.